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Exklusiv-Interview mit Sebastian Tyrala (III): "Für uns Spieler gibt es auch keinen Chip."

Im dritten Teil unseres Interviews sprechen wir mit Sebastian Tyrala u.a. über seine ganz persönliche Spielvorbereitung, Schiedsrichter, den Trainer Sebastian Tyrala, seine Zukunft, sowie über Derbys und die Faszination Borussia Dortmund. (Zum ersten Teil des Interviews geht es hier, zum zweiten Teil hier.)

Dein Transferwert wird derzeit auf 400.000 ? geschätzt. Was für ein Verhältnis hat man als Fußballer zu solchen Werten?

Sebastian Tyrala: Man guckt da schon mal drauf und ich finde es ganz interessant, wie einzelne Spieler bewertet sind. Aber im Endeffekt kann ich mir da nichts von kaufen ob ich 2-3 Mio. Euro wert bin oder nur 150.000. Wenn mich ein Verein kaufen möchte, glaube ich nicht, dass ich 400.000 koste, ich bin auch billiger, so ist es nicht (grinst). Aber darauf kommt es nicht an, auch wenn man mal spaßeshalber zu einem anderen sagen kann, dass man nun 50.000 Euro mehr wert ist als er.

Wie bereitest Du Dich unmittelbar vor einem Spiel vor?

Sebastian Tyrala: Ich bin ein Spieler, der immer die gleichen Abläufe braucht, daher höre ich immer die selbe Musik vor einem Spiel, laufe immer genau gleich auf das Spielfeld auf, ziehe immer zuerst den linken Schuh an und solche Sachen.

Welche Musik hörst Du denn direkt vor einem Spiel?

Sebastian Tyrala: Ich weiß nicht warum, aber ich höre kurz bevor wir rausgehen immer den Schlager Amsterdam.

Wie kannst Du nach einer Niederlage abschalten, wie verarbeitest Du solche Situationen?

Sebastian Tyrala: Wenn ich sauer bin, dann bekommt es meine Freundin bzw. die Familie auch mal ab, die merken das dann schon. Ich freue mich, wenn es wieder schnell weiter geht. Dadurch, dass man fast jede Woche spielt, kann man das Ergebnis schnell wieder wettmachen. Wenn ich nach einem Spiel nach Hause komme, ist es oft so, dass ich mir die Partie gerne noch ein, zwei mal anschaue um zu gucken, was war falsch, was kann ich besser machen. Abschalten kann man da nie so richtig. Dazu bekommt man dann Tipps von der Familie und Freunden oder es wird gefragt: Was hast Du denn da gemacht? Schlafen kann ich nach einem Spiel auch nicht. Wenn ich dann im Bett liege läuft das ganze Spiel noch mal in meinem Kopf ab und ich denke an jede Szene. Nach einer Niederlage führt man sich zudem im Laufe der Woche beim Training oft noch die entscheidenden Situationen vor Augen.

Wann hast Du das letzte mal etwas in die Mannschaftskasse zahlen müssen und warum?

Sebastian Tyrala (überlegt): Das war neulich erst. Beim Kreis-Lauf (?5 gegen 2?) müssen wir pro Tunnel oder pro Lauf mit 25 Ballkontakten 2 Euro zahlen. Diesen Monat war ich mit 8 Euro fällig, da ich vier Läufe hatte.

Gehst Du manchmal auch privat ins Stadion?

Sebastian Tyrala: Ich bin wirklich fußballverrückt, auch wenn ich einen freien Tag habe kann ich nicht ohne Fußball sein. Wenn ich Zeit habe, schaue ich mir so viele Spiele wie möglich an, auch um meine alten Freunde wiederzusehen und Kontakte zu knüpfen bzw. beizubehalten. Ich bin also regelmäßig in den Stadien unterwegs bspw. in Lotte und Ahlen, bei den Amateuren in Dortmund. Ansonsten sehe ich mir Spiele im Fernsehen an. Oder ich gucke beim Training von Freunden zu, egal ob es beim BVB ist oder woanders in der 3. und 4. Liga. Am Wochenende im Stadion zu sein - das ist für mich Gesetz.

Welcher Gegenspieler ist Dir in besonderer Erinnerung geblieben?

Sebastian Tyrala: Als ich im Pokal gegen Kaiserslautern Martin Amedick wiedergesehen habe, das war schön. Wir haben früher oft zusammen was unternommen. Dass ich gegen ihn dann ein Tor erzielen konnte, war natürlich toll. Gerade in der 2. Liga sehe ich erfreulicherweise viele alte Freunde wieder. Gegen Duisburg bin ich auf Julian Koch getroffen, der ein Tor gegen uns erzielt hat, was für uns nicht so gut war, für ihn freut es mich aber. Oder bei Union sind mit Höttecke, Kohlmann und Parensen auch einige ehemalige Dortmunder Kollegen. Ansonsten bin ich froh, dass ich nicht mehr gegen Christian Wörns spielen muss, weil er einer der besten Verteidiger war die ich kenne.



Welches war der größte Faux-Pas des Spielers Sebastian Tyrala?

Sebastian Tyrala: Bei einem Auswärtsspiel der Amateure in Erfurt bin ich mal in der 80. Minute eingewechselt worden und habe in der 82. dann Gelb gesehen und in der 89. Gelb-Rot. Das hätte es nicht gebraucht. Innerhalb von sieben Minuten Gelb-Rot zu sehen war nicht so prickelnd. Da war ich übermotiviert. Das war zu der Zeit, als es für mich nicht so lief und ich wollte alles geben, alles zeigen. Dann geht so was auch mal in die Hose. Zum Glück blieb es trotzdem beim 0:0.

Und was war Dein bislang schönstes Fußballerlebnis?

Sebastian Tyrala: Als ich Auswärts beim Derby gegen Schalke eingewechselt wurde, das war schon was ganz Besonderes für mich als Dortmunder.

In welchen fußballerischen Bereichen bist Du besonders ehrgeizig und willst Dich weiterentwickeln?

Sebastian Tyrala: Eigentlich will ich mich täglich in jedem Bereich verbessern. Ich bin noch lange nicht so weit, dass ich sagen kann, ich brauche nichts mehr, ich bin ein guter Fußballer. Ob man sich dann in jedem Bereich steigern kann, ist schwer vorherzusagen. Ich möchte eben Bundesliga- und Nationalspieler werden und da fehlen mir noch ein paar Prozent. Auch wenn ich der Meinung bin, dass ich -wie viele andere- in der Bundesliga mithalten kann, wenn einem das Vertrauen entgegengebracht wird. Zudem braucht man etwas Glück.

Gibt es etwas, das Dich am Fußball besonders nervt?

Sebastian Tyrala: Mich stört es immer, wenn der Schiedsrichter angegriffen wird. Denn der hat den meisten Druck auf dem Spielfeld, dann macht er auch Fehler. Die Linienrichter müssen innerhalb von 0,1 Sekunden alles entscheiden. Wenn man sich dann am Ende hinstellt und behauptet, der Schiedsrichter sei an allem Schuld, dann finde ich das nicht in Ordnung. Natürlich ist man sauer und enttäuscht, wenn ein Schiedsrichter einen Fehler macht, das bin ich auch, keine Frage. Aber am Ende ist der Schiedsrichter auch nur ein Mensch, wir Spieler machen im Spiel ja genauso 15-20 Fehler. Fehler sind menschlich und gehören zum Fußball dazu. Deswegen würde ich auch keine Torkamera einführen. Der Fußball lebt davon, dass Entscheidungen getroffen werden und wir Spieler sehen ja auch nicht jedes Foul. Als Spieler treffen wir genauso falsche und richtige Entscheidungen, ob nun z.B. der Pass nach rechts oder nach links gespielt wird. Da gibt es für uns auch keinen Chip, der uns sagt, wo wir hinspielen müssen. Man darf da nicht zu viel verfeinern im Fußball, so wie er ist finde ich ihn gut und authentisch.
Ansonsten würde ich bei Ellenbogenschlägen und anderen brutalen Fouls wie das von Nigel de Jong in den Niederlanden, der wiederholt auffiel und keine Karte dafür sah als er einem das Schien- und Wadenbein gebrochen hat, härter durchgreifen. Dann passieren solche Dinge auch weniger. Solche Fouls kann ich nicht nachvollziehen.

Siehst Du das auf dem Platz denn auch so nüchtern mit den Schiedsrichtern und hältst Dich zurück?

Sebastian Tyrala: Nein, auf dem Platz ist es so, dass wenn ich etwas anders sehe, dann spreche ich es auch an. Aber wenn man ein bisschen runtergefahren hat, dann sieht man das auch realistischer. Solange das im normalen Rahmen ist und der Schiedsrichter sich nicht bedroht fühlt, kann er das auch verkraften. Man soll nur hinterher nicht sagen: Der Schiedsrichter hat uns verpfiffen, er hat uns das Spiel gekostet. Ich möchte nicht gerne Schiedsrichter sein. Der muss alles sehen und dauernd hochkonzentriert auf der Höhe sein, mehr als ein Spieler. Denn als Spieler hat man ja auch Situationen im Spiel, in denen man sich etwas zurückziehen kann. Das geht als Schiedsrichter nicht.

Sprichst Du dann nach dem Spiel noch mal mit dem Schiedsrichter, wenn es strittige oder hitzige Situationen gab?

Sebastian Tyrala: Das mache ich schon. Ich denke, Mark van Bommel macht das ganz gut, der ist im Spiel sehr sehr hart, geht aber nach dem Spiel zum Schiedsrichter und sagt: Tut mir Leid, haben sie gut gesehen.

Was macht Sebastian Tyrala in 5 Jahren?

Sebastian Tyrala: Über die Zukunft möchte ich gar nicht so weit nachdenken. Wichtig ist, dass man gesund bleibt. Dann hoffe ich, dass es so hoch geht wie möglich. Ich fühle mich sehr wohl in Osnabrück und vielleicht kann man hier auch was aufbauen. Aber mein Ziel ist natürlich die Bundesliga.

Hast Du schon Ideen für die Zeit nach Deiner aktiven Fußballkarriere?

Sebastian Tyrala: Auf jeden Fall. Ich bin sehr gerne Trainer. Mein Vater hat früher zusammen mit mir drei Jahre lang eine Kreisliga-Mannschaft trainiert. Das hat mir viel Spaß gemacht und ich konnte Erfahrung sammeln im Umgang mit älteren Spielern, vor denen zu reden, das Training zu leiten. Zu Hause habe ich ein Buch, in das ich meine Trainingseinheiten aufschreibe. Ich habe auch schon geplant, meine Trainerscheine zu machen. Ein gutes Vorbild diesbezüglich ist in Dortmund Hannes Wolf, der ist glaube ich 29 Jahre alt und ist jetzt schon A-Jugend-Bundesligatrainer. Es ist auf jeden Fall mein Ziel, nach der aktiven Fußballkarriere weiterhin etwas mit Fußball zu machen, am liebsten als Trainer. Das habe ich im Blut und darauf freue ich mich auch.

Die älteren Spieler haben einen so jungen Trainer akzeptiert?

Sebastian Tyrala: Ja, das war eine schöne Erfahrung und kein Problem. Wenn ich Spieler kritisiert und verbessert oder ausgewechselt habe, dann wurde das respektiert. Die waren der Meinung, dass ich jeden Tag das beste Training habe was man haben kann und wenn die dann auch davon profitieren können - umso besser.

Und welche Erfolge habt ihr erreicht?

Sebastian Tyrala: Wir sind vor zwei Jahren aufgestiegen, aber dann mussten wir unsere beiden besten Torschützen abgeben und sind direkt wieder abgestiegen. Dennoch war es ein toller Erfolg. Auf den Aufstieg bin ich sehr stolz, da habe ich noch viele Fotos von.

Gibt es besondere Spielphilosophien die Du als Trainer verfolgst?

Sebastian Tyrala: Im Kopf bin ich schon sehr ein Trainer auch was Taktiken und Aufstellungen angeht. Wenn man in der Abwehr gut sortiert ist und die Null hinten steht, dann hat man auf jeden Fall einen Punkt, dann kann man auch gut nach vorne spielen.

Aber aus dem aktiven Trainergeschäft hast Du Dich derzeit zurückgezogen?

Sebastian Tyrala: Ja, das Training kann ich jetzt nicht mehr leiten. Aber es ist immer schön, wenn wir selber Freitags spielen, dann kann ich Sonntags nach Hause fahren und um 15 Uhr mir deren Spiele angucken.

Wann sehen wir Dich wieder beim BVB?

Sebastian Tyrala: Vielleicht irgendwann im Pokal. Nein, es wäre natürlich schön wenn es irgendwann wieder zurück geht nach Dortmund, aber das ist auch sehr unwahrscheinlich. Ist ja nicht oft so, dass man weggeht und wiederkommt, aber man weiß es nicht. 12 Jahre war ich bei Borussia Dortmund, das ist schon eine lange Zeit.

Was macht für Dich den BVB aus? Wie würdest Du ihn mit drei Worten beschreiben?

Sebastian Tyrala: Das Stadion, die Fans und die schwarz-gelben Farben. Es ist einfach ein geiler Verein. Wenn man einmal in dem Stadion spielt, dort einläuft, auf dem Rasen steht und die Fans feiern einen, meine Güte, was will man dann noch mehr! Man ist ja schon als Zuschauer begeistert.

Wann warst Du das letzte mal im Westfalenstadion?

Sebastian Tyrala: Oh, das ist schon länger her, da kann ich mich gar nicht mehr so genau dran erinnern, da die Profis ja meist spielen wenn wir auch spielen und ich mir eher die Amateure angucke. Zuletzt saß ich gegen Frankfurt auf der Bank. Es wird auf jeden Fall mal wieder Zeit. Aber ich schaue jedes Spiel im Fernsehen zu Hause, die Verbindung ist enorm groß, mich interessiert alles beim BVB.

Was ist Dein größter Fußballtraum?

Sebastian Tyrala: Ich würde schon gerne an einer WM oder EM teilnehmen, gar keine Frage. Und gegen Borussia Dortmund möchte ich auch mal spielen, da hatte ich ja schon im Pokal darauf gehofft. Am liebsten in Dortmund.

Zum Abschluss eine pikante Frage für Dich: Lieber einen Sieg mit Dortmund gegen Schalke oder mit Osnabrück gegen Bielefeld?

Sebastian Tyrala (lacht): Ich bekomme das hier so langsam mit, dass das so eine kleine Rivalität ist zwischen Osnabrück und Bielefeld. Im Moment ist es mir lieber mit Osnabrück gegen Bielefeld zu gewinnen, weil es uns auch im Abstiegskampf Punkte bescheren würde und ich hier spiele. Aber normalerweise, ich bin ja in Dortmund aufgewachsen, hat ein Sieg der Borussia gegen Schalke immer Priorität. Dortmund hat ja schon das Derby gewonnen, also werden wir auch gegen Bielefeld gewinnen, dann ist alles in Ordnung.

Sebastian, wir danken Dir für das Gespräch.

- 20.10.2010

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