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Kirsche-Interview mit BVB-Sportdirektor Michael Zorc (II): Nicht alle Talente werden am Borsigplatz geboren

Von den Neuen hat in der Vorbereitung Shinji Kagawa besonders überrascht.

Michael Zorc: Auch das ist ein Transfer, der bei vielen nicht mit großer Begeisterung aufgenommen wurde. Bei ihm hat mich beeindruckt, dass er neben seinen spieltechnischen Fähigkeiten in jeder Mannschaft viele Tore geschossen hat. Zum Beispiel beim Aufstieg seiner Mannschaft 27 Tore als offensiver Mittelfeldspieler. Als Japan zur WM fuhr, führte er die Torschützenliste in der ersten Liga an, mit 7 Treffern in 11 Spielen. Warum ihn der (inzwischen zurückgetretene) Nationaltrainer nur als Rookie mitgenommen und nicht nominiert hat, wird wahrscheinlich für immer sein Geheimnis bleiben. Shinji hat sich wirklich sehr schnell eingelebt. Davon, dass Fußball in Japan bisweilen 'basketball-ähnlichen? Charakter in den Zweikämpfen hat, merkt man bei ihm nichts. Er haut sich rein und weiß, worum es geht. Wir hatten ihn ja auch bereits zur 100-Jahr-Feier des BVB gegen Freiburg eingeladen, als das Thermometer minus 17 Grad zeigte.

Er muss gedacht haben, die sind nicht ganz dicht, oder?

Michael Zorc: Zumindest weiß er, was auf ihn zukommt. Und an jenem Wochenende hat er sich einiges angesehen, er war auch noch in Venlo und bei anderen Bundesligisten.

Bei welchen?

Michael Zorc: Ob auch bei unseren Nachbarn, das weiß ich nicht genau. Darüber kann sein Berater Thomas Kroth am besten Auskunft geben.



Der größte Transfer der Saison zog sich am längsten hin.

Michael Zorc: Ja, Robert Lewandowski. Das Anforderungsprofil war, einen Spieler zu finden, der sowohl mit Lucas als auch für Lucas spielen kann. Zumal wir nicht davon ausgehen können, dass Lucas bei hoffentlich 40 und mehr Spielen immer zur Verfügung steht. Mit Robert haben wir jetzt jemanden, der notfalls auch allein vorn spielen kann, aber auch in der Doppelspitze oder dahinter. Und der eine hohe Abschlussqualität hat. Aber man sollte bitte nicht vergessen, dass er erst 21 ist. Dass es eine Umstellung von der polnischen zur deutschen Liga ist, haben wir ja bei Kuba gesehen.

Was haben wir von den Neulingen aus dem eigenen Verein zu erwarten?

Michael Zorc: Die Jungs haben alle schon im vergangenen Jahr bei den Profis reinschnuppern und alle schon Bundesliga spielen dürfen. Stiepermann hat sogar schon seit erstes Bundesligator gemacht. Focher war bereits unser dritter Torwart, bei Sobiech und Hornschuh wissen wir, was sie können. Götze dürfte ja noch in der Jugend spielen, hat uns aber durch seine Qualität beeindruckt, so dass wir ihn jetzt schon hochgezogen haben. Für mich ist es keine Überraschung, wie er in der Vorbereitung geglänzt hat. Wir beobachten seinen Weg ja schon lange und wollen ihn behutsam aufbauen.

Wem trauen Sie am ehesten den sofortigen Durchbruch zu?

Michael Zorc: Götze hat sicher eine überragende Offensivqualität. Man findet nicht viele in Deutschland in seinem Alter, die das mitbringen. Aber mit Superlativen helfen wir weder dem Jungen noch uns. Wir müssen zusehen, dass er körperlich noch robuster wird.

Meinte der Trainer speziell ihn, als er dem 'Kicker? sagte. "die Hälfte meiner Mannschaft wächst ja noch??

Michael Zorc: (lacht): Da habe ich die Hoffnung aufgegeben (Anm. der Redaktion: Götze ist 1,71 m groß).

Das hat jeder hier verdient, ganz besonders die Fans

Was erwarten Sie von der Saison? Die gute Platzierung zu bestätigen könnte schwer werden, wenn man sich die Anstrengungen der Konkurrenz anschaut.

Michael Zorc: Nun ja, um uns herum wird ja teilweise wie wild aufgerüstet, insbesondere Wolfsburg ist da führend. Aber das war in der letzten Saison ähnlich. Für uns ist entscheidend, und das ist ein klares Saisonziel, die Europa-League-Gruppenphase zu erreichen. Denn das hat jeder hier verdient: sowohl der Verein und die Mannschaft als auch ganz besonders die Fans. Daraus resultiert dann auch, wie sich eine Saison entwickelt. Und es wird eine besondere Herausforderung sein, mit dieser jungen Mannschaft diese Dreifach-Belastung zu managen.

Wie wollt ihr das hinbekommen?

Michael Zorc: Wir haben mit unseren Mitteln versucht, unsere Leistungsspitze zu verbreitern. Da wollten wir hin, nicht nur 11,12, 13 Leute zu haben, sondern bei einer Doppelt- oder Dreifachbelastung auch mal rotieren zu können. Das ist uns besonders im Offensivbereich ganz gut gelungen. Auch im Mittelfeld, wo wir einen weiteren Neuzugang haben: Sebastian Kehl. Der immer, wenn er fit ist, gezeigt hat, dass er ein ganz wichtiger Spieler für uns ist.

Ihnen ist also nicht bange vor der Saison?

Michael Zorc: Im Gegenteil, ich freu mich drauf! Es ist eine Herausforderung, da man nicht sagen kann: Das klappt hundertprozentig.

Warum nicht?

Michael Zorc: Weil das wirklich junge Burschen sind. Und weil wir häufig am körperlichen Limit spielen. Aber das ist die Voraussetzung, um erfolgreich Fußball zu spielen. Es wird zu oft darauf reduziert, dass es heißt, ?die Dortmunder rennen, die hauen sich rein?. Entschuldigung, aber das müssen sie machen, das ist ihr Job! Das klingt immer so, als würden die anderen Fußball spielen, während wir rennen. Das ist Quatsch! Wir haben hervorragenden Fußball gespielt und tun das auch jetzt. In der Vorbereitung hatten wir eher das Problem, dass wir bei hohen Ballbesitzzeiten zu wenig gierig auf Torerfolg waren, zu wenig zielstrebig waren. Da die richtige Mischung zu finden, wird die Herausforderung für Jürgen Klopp und die Mannschaft werden.

Antonio da Silva macht einen vorzüglichen Eindruck

Ist die Ablöse für Valdez 'nur? für den Bilanzausgleich, oder legt der BVB noch mal nach?

Michael Zorc: Wir haben mit Antonio da Silva einen Testspieler hier, der einen vorzüglichen Eindruck macht. Es müssten aber sämtliche wirtschaftlichen und personellen Rahmendaten passen, damit es zu einer Verpflichtung kommt.

Wie sieht es bei Florian Kringe aus?

Michael Zorc: Er ist weiterhin verletzt, da sehe ich keinerlei Basis für einen Transfer.

Es gibt nur noch zwei Bundesligisten aus Westfalen: Trend oder Zufall?

Michael Zorc: Zufall, weil Bochum nicht zwangsläufig hätte absteigen müssen. Generell ist es allerdings so, dass wir hier in Nordrhein-Westfalen natürlich eine ganz andere Situation haben als beispielsweise in München, wo überspitzt gesagt ?nur Wald drumherum ist?. Talentierte Spieler werden nun mal nicht alle am Borsigplatz geboren, sondern auch mal in Hamm oder Castrop. Und da stürzen sich dann sofort vier, fünf, sechs Vereine auf diese Jungs, das macht die Situation schwieriger.



Die Gerüchte um den Liga-Fernsehpartner ?Sky? wollen nicht verstummen. Machen Sie sich Sorgen?

Michael Zorc: Fakt ist, dass es Probleme nicht erst seit heute gibt. Fakt ist aber auch, dass Rupert Murdoch ein finanziell ungeheuer potenter und erfolgreicher Geschäftsmann ist, der sich bisher in allen Märkten durchgesetzt hat und dies auch hier tun möchte.

Was macht es so schwierig in Deutschland?

Michael Zorc: Dass man A, aber nicht B sagen möchte. Das Privatfernsehen hat in Deutschland nicht die Rechte wie in England oder Spanien. Schauen Sie mal, was es da im Free-TV an Fußball gibt. Dort gibt es keine Sportschau, jedenfalls nicht zu unserer Sendezeit. Doch trotz erheblich kleinerer Bevölkerung haben sie erheblich mehr Abonnenten. Eigentlich müsste jeder. der es sich leisten kann und den deutschen Fußball unterstützen möchte, so ein Abo kaufen.

Umsonst gab es im Sommer die Spiele aus Südafrika. Wie fanden Sie die WM?

Michael Zorc: Die deutsche Mannschaft hat mich positiv überrascht. Die Art und Weise, wie sie Fußball gespielt hat, damit war nicht zu rechnen. Das hat Spaß gemacht. Die Mischung stimmte. Aber dass man mit jungen Leuten gut und erfolgreich Fußball spielen kann, haben wir ja bei Borussia Dortmund bereits gesehen?

Was sagen sie zum Theater um die Kapitänsfrage und Michael Ballack?

Michael Zorc: Das interessiert mich überhaupt nicht!

Zum Schluss eine Fangfrage: Wenn wir in die Champions League kommen und Schalke Meister wird, war es dann eine gute Saison?

Michael Zorc (während die Anwesenden noch über die inoffizielle Antwort lachen): Eine der beiden Alternativen ist unrealistisch. Welche, können Sie sich aussuchen? Sie ist aber historisch belegt.

, Fotos: ; 16. August 2010

>> Teil I: Michael Zorc über die Perspektiven der jungen BVB-Mannschaft, über Uli Hoeneß und Reinhard Rauball sowie über Vereine "mit einem kleinen Werk hinterm Trainingsgelände"

 

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