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Erst Denken, dann Singen!

Die aktuelle Rassismusdebatte, die ihren Anfang durch die Beleidigungen gegen Gerald Asamoah beim DFB-Pokalspiel zwischen Hansa Rostocks Amateuren und Schalke 04 nahm, hat nun auch den nächsten Gegner des BVB, die Borussia vom Niederrhein erreicht. In einem Schreiben der ?Ultras Mönchengladbach? bekennen sich diese nun sogar dazu, einen drohenden Spielabbruch mit Gesängen gegen den Aachener Spieler Moses Sichone bewusst provoziert haben zu wollen?

Was war passiert? Nachdem die Mönchengladbacher Fans in Aachen bereits durch Aufkleber mit der Aufschrift ?Juden Mönchengladbach? empfangen worden waren, setzte ein Teil der Aachener Anhänger diesen miesen Stil im Stadion mit ?Asylanten?-Schmährufen gegen die Gladbacher Fans und insbesondere gegen den Gladbacher Stürmer Kahé fort. Schiedsrichter Weiner drohte daraufhin mit Spielabbruch, wenn er aus den Reihen der Fans noch einmal das Wort ?Asylanten? vernähme und ließ dieses auch über den Stadionsprecher verkünden. Was folgte war der Auftritt der ?Ultras Mönchengladbach?. Wir zitieren aus einem Spielbericht auf der Internetseite der Ultra-Gruppierung:

Einige Fans der Alemannia fielen negativ auf

?Zwischenzeitlich stand das Spiel kurz vor dem Abbruch. Schiedsrichter Michael Weiner gingen die primitiven Beleidigung des Aachener Anhangs gegen Doppeltorschütze Kahe zu weit. Tja und so ließ er über den Stadionsprecher verkünden, dass das Spiel abgebrochen wird, sollte er nochmals das Wort "Asylbewerber" hören. Da es zu diesem Zeitpunkt bereits aussichtslos 3:1 für Aachen stand, skandierte man lauthals das verbotene Wort... zwecklos! Mal wieder nix als leere Versprechungen!"

Inzwischen haben sich die ?Ultras-Mönchengladbach? öffentlich für ihr Fehlverhalten entschuldigt. In einem weiteren Schreiben am Montag teilen sie mit:

 ?Was da am Samstag passiert ist, ist ausschließlich auf die desolate Leistung der jetzigen Spieler zurückzuführen! Die Wut und Enttäuschung auf eine so miserable Einstellung hat dann leider auch zu dieser, im Nachhinein sicher nicht gut zu heißenden Reaktion geführt!? (?) die Emotionen kochen bei und nach solch einem Spiel immer sehr schnell hoch ? vor allem, wenn man von der eigenen Mannschaft so verarscht wird! Solche Dinge lassen sich mit ein wenig Abstand aber auch wieder klären! Zumal es sich hier definitiv ?mal wieder- um ein Missverständnis handelt! Wofür wir uns jedoch nochmals ausdrücklich entschuldigen!?

Was das nun mit uns Dortmunder zu tun hat? Zunächst einmal nicht viel. Gottseidank sind rassistische Auswüchse unter BVB-Fans in den letzten Jahren deutlich zurückgegangen. Ob in Dortmund, Aachen oder Mönchengladbach: es bleibt festzustellen, dass, es, wenn überhaupt, immer nur einige wenige Idioten sind, die aus der Rolle fallen und damit einen ganzen Verein in Verruf bringen.

Fakt ist aber auch, dass gerade die Sprache das wichtigste Ausdrucksmittel der Fußballanhänger bleibt. Neben den Gesängen auf dem Weg zum oder im Stadion auch auf Plakaten und Spruchbändern. Und hier fällt dem geneigten Fußballfan in den letzten Monaten und Jahren verstärkt auf, dass der Trend zur Bepöbelung des Schiedsrichters, des gegnerischen Vereins oder des Erzfeindes aus der Nachbarschaft wieder zunimmt. Sicherlich: solange es beim verbalen Schlagabtausch bleibt und nicht einzelne Spieler, wie am vergangenen Wochenende beim Spiel in Aachen geschehen, bewusst aufgrund ihrer Hautfarbe beleidigt werden, scheint alles im Rahmen des Erlaubten.

Andererseits muss die Frage erlaubt sein, ob es wirklich noch zeitgemäß ist, dass hier in Dortmund der Erzfeind aus Gelsenkirchen mit Gesängen die von ?blauweißen Parasiten? handeln und die eindeutig dem Musikrepertoire einer rechtsradikalen Band angelehnt sind, verschmäht wird. Vor nicht allzu langer Zeit konnte man sogar noch  menschenverachtende Sprüche wie ?Alle Blauen haben einen gelben Stern zu tragen? oder ?Zyklon B für UGE? in den Sonderzügen und ?bussen auf dem Weg zu Derby zu vernehmen. Und auch das immer wieder zu vernehmende ?U-Bahn-Lied? ist noch nicht vollständig aus den Köpfen einiger Fans verschwunden. Doch während letztgenannte Gesänge eher von einer kleinen Minderheit verbreitet wurden, konnte man erst am vergangenen Wochenende beim Spiel gegen den HSV kopfschüttelnd registrieren, dass der bereits erwähnte Gesang von den ?blauweißen Parasiten? inzwischen zum Standardrepertoire der Südtribüne gehört. Ohnehin wird es auf Europas größter Stehplatztribüne nur noch selten so laut, wie bei jenem Gesang oder dem Bepöbeln des Schiedsrichters bzw. eines gegnerischen Spielers mit peinlichen ?Hurensohn?-Gesängen.

Die Süd - nur noch laut wenn es ans Pöbeln geht?

Es soll an dieser Stelle gar nicht darauf eingegangen werden, was den einzelnen Fan auf der Tribüne oder dem Weg zum Stadion dazu motiviert einen solche Worte gesanglich zu äußern. Sei es die geistige Nähe zum rechten Gedankengut, sei es Dummheit, Gedankenlosigkeit oder Vollsuff - möglicherweise auch nur die Überzeugung, dass es ja zum Fußball dazugehört den Nachbarn einfach zu hassen ? jeder Einzelne muss für sich entscheiden, wie er diese Dinge vor sich selbst rechtfertigen kann. Bedenklich ist es aber allemal zu behaupten, dass der Hass auf den Erzfeind (fast) jede Form von Gesang rechtfertigt. Auf Dauer schadet man damit auch seinem BVB. Gerade in der aktuellen Diskussion wird der DFB nicht davor zurückschrecken Maßnahmen wie Geldstrafen, Punktabzüge oder Platzsperren gegen Vereine auszusprechen, deren Fans es nicht schaffen, sich auf der Tribüne eindeutig von rassistischen Gesängen und Schlachtrufen zu distanzieren.

Insofern wäre es wünschenswert, wenn die Südtribüne künftig Gesänge, die textlich an rassistisches oder nationalsozialistisches Gedankengut erinnern könnten, vollkommen unterließe und stattdessen die eigene Mannschaft nach Kräften unterstützen würde. Dazu kann jeder Einzelne seinen Beitrag leisten.

, 19.09.2006

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