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Kehl oder Fehl?

Sebastian Kehl - kein Bundesligaspieler hatte in den letzten vier Jahren auch nur annähernd vergleichbares Verletzungspech. In besagten Spielzeiten absolvierte er - Stand heute - nur 54 von 203 möglichen Ligaspielen.

Sieht man von Kurzeinsätzen ab, fiel Kehl nach dem Foul von Hasan Salihamidžic am ersten Spieltag der Saison 2006 / 2007 ganze 16 Monate aus. Nach mehreren kleineren Blessuren in der Zwischenzeit fehlte er in der abgelaufenen Saison aufgrund von Adduktorenproblemen und diversen Muskelfaserrissen weitere neun Monate. Kaum fit, zwang ihn das Aufwärmtraining in Lemberg zurück ins Lazarett.

Nun fällt Kehl voraussichtlich mal wieder eine Halbserie lang aus. Selbst beinharte Optimisten verzweifeln mittlerweile am beispiellosen Verletzungspech von Borussias 'Capitano'. Und die Optimisten mit Erfahrung - also die Pessimisten - schreiben den schwarzgelben Spielführer nach seiner neuerlichen Verletzung endgültig ab. In der Redaktion der Kirsche gibt es sowohl Optimisten, als auch Optimisten mit Erfahrung - und so fällt die Bestandsaufnahme zwiegespalten aus: Pro = Kehl, Kontra = Fehl.


Pro: Sebastian Kehl

Viele Fußballfachleute gestehen einem Spieler nach einer Verletzung die dadurch verpasste Zeit nach der Genesung noch einmal zu, um Top-Form zu erlangen. Würde das immer zutreffen, wäre unser Kapitän wohl auf immer ein Schatten seiner selbst. In der letzten Spielzeit aber hatte Kehl deutlich weniger Anlaufzeit gebraucht, um der Mannschaft entscheidend zu helfen. Selbst die Medien hätten ihm zwar keine neun Monate, wohl aber mehrere Wochen Anlaufzeit zugestanden. Kehl aber war ab der ersten Einsatzminute auf dem Platz voll da und trotz der langen Leidenszeit sofort zentraler Leistungsträger. Ihm blieben zwar 2009 / 2010 nur sechs von 34 Spielen, um in Erinnerung zu rufen, was er für Dortmund leisten kann, aber die haben ausgereicht, um - zumindest beim fachkundigen Publikum - jegliche Zweifel an seiner Klasse auszuräumen.

Es ist müßig, darüber zu diskutieren, was Borussia Dortmund in den letzten Jahren mit seinem Kapitän an Bord erreicht hätte. Ebenso müßig ist es, Vermutungen anzustellen, wie die Karriere des Sebastian Kehl bei optimalem Verlauf ausgesehen hätte, wenn er nach der auch für ihn gut verlaufenen WM im eigenen Land verletzungsfrei geblieben wäre. Definitiv hätte er einen festen Platz in der DFB-Auswahl. Für den BVB könnte er ein Schlüsselspieler sein, wie es beispielsweise ein Steven Gerrard in Liverpool ist.

Es ist anders gekommen. Trotzdem steckt "Kehli" nie auf und unterstreicht selbst in seinen dunkelsten Zeiten als Fußballer seinen Wert für unseren Verein. Denn er hilft dem jungen Team auch abseits des Platzes. Sein Engagement jenseits des Spielfeldes kann jedoch nicht aufwiegen, was ein Sebastian Kehl in Top-Form für Borussia zu leisten imstande wäre. Das haben die wenigen Einsätze in der abgelaufenen Spielzeit zweifelsfrei belegt. Selbst ohne Top-Form ist Kehl nur schwer zu ersetzen, weil er eben genau die routinierte und selbstbewusste verlängerte Hand des Trainers ist, die die Mannschaft in engen Spielen braucht.

Es wäre ihm, der Mannschaft, seinem Verein, seinen Fans und in letzter Konsequenz sicherlich auch der Nationalmannschaft zu wünschen, dass dieser Ausnahmespieler für den Rest seiner aktiven Karriere von langwierigen Verletzungen verschont bleibt. Manchen Menschen im Umfeld des BVB fehlt diesbezüglich der Glaube.

Hoffentlich hat Kehl selbst den Glauben daran noch nicht verloren. Am Rande des Spiels in Stuttgart gab er sich im Gespräch mit der Kirsche außerordentlich positiv ob seines stabilisierten Gesundheitszustandes. Wenn er nach seiner Rückkehr auf den Platz wieder keine Anlaufzeit braucht und dann endlich die Seuche los wird, kann er noch mindestens drei, vielleicht vier Jahre - mit Nuri Sahin - die Fäden im schwarzgelben Mittelfeld ziehen. Bis dahin hat der Kapitän in "Manni" Bender den besten Vertreter, den man sich vorstellen kann.

, 11.10.2010 



Kontra: Sebastian Fehl

Kann es sein, dass ein rüdes Foul eine ganze Karriere zerstört? Zweifelsohne! ?Brazzo? Salihamidžic hat Käpt'n Kehl volles Pfund erwischt ? und man steckt in keinem Körper drin ? aber die Verletzenmisere nach diesem Foul ist schon gewaltig. Ich erinnere mich an eine ähnliche Verletzung von Roman Weidenfeller ? gegen Bayer Leverkusen hat er sich am ersten Spieltag der vorletzten Saison seinen eigenen Oberschenkel brutalst weit aufgeschlitzt ? Weide steht inzwischen allerdings längst wieder zwischen den Pfosten.

Aber wie gesagt: niemand steckt drin und von daher wäre es ungerecht, die Schwere einer Verletzung von oben herab zu beurteilen ? oder aber die Genesungszeit. Was aber auffällt: vergleichbare Verletzungen haben bei anderen Spielern bei weitem nicht solange Fehlzeiten wie bei "Kelly" zur Folge. Was ich deshalb anprangere ist folgendes: wieso muss ein Spieler der von 203 möglichen Bundesliga-Partien gerade mal 54 mitmachen kann, dann nach jedem Spiel als erstes zur TV-Kamera rennen? Muss ein Führungsspieler immer und jederzeit mit jedem Journalisten sprechen? Wäre es nach so langer Zeit des Fehlens nicht wesentlich sinnvoller, sich auf sich und sein Comeback zu konzentrieren? Vielleicht ist es etwas zu hart ausgedrückt, aber die Männerfreundschaft Kehl/Metzelder hat ein ganz große Gemeinsamkeit neben der Verletzungsanfälligkeit, nämlich die übertriebene Sucht, vor der Kamera stehen zu müssen!

Keine Frage, als er auf dem Platz stand, hat er - nach den üblichen Anlaufschwierigkeiten - immer seine Leistung gebracht. Aber dafür ist ein Sven Bender ins zweite Glied gedrückt worden, obwohl es sportlich, und das sieht man sowohl bei Betrachtung der Vorsaison, als auch bei einem Blick auf die aktuelle Spielzeit, keinerlei Begründung dafür gegeben hat. Ein Kämpferherz wie Tinga wurde abgeschoben, weil man sich in erster Linie auf Kehl verlassen hat. Eine äußerst gefährliche wie gewagte Einschätzung, wenn Ihr mich fragt. Wenn die Ärzte sagen, Kehl fehlt uns zwei Monate, rechne ich inzwischen mit mindestens der doppelten Zeit - warum auch immer.

Eines sollte dennoch trotz aller Skepsis klar sein: ich würde mir nichts mehr, als einen fitten Sebastian Kehl in dieser jungen Mannschaft wünschen. Alleine der Glaube, dass Kehl eines Tages wieder "dauerhaft" fit wird um im Profifußball für unsere Youngster voran zu gehen, der fehlt mir inzwischen. Daher sage ich: Im Winter ? spätestens aber zur neuen Saison, muss ein neuer Sechser her. Sahin und Bender ? ein wunderbares Duo ? aber wer kommt danach? Was, wenn sich einer der beiden verletzt? Mats Hummels gehört in die Innenverteidigung. Markus Feulner hat ? mit Verlaub ? noch keine Bundesliga-Tauglichkeit nachweisen können. Antonio da Silva tut sicherlich keinem weh, aber mehr als ein Ergänzungsspieler ist er in meinen - und den Augen des Trainers - wohl auch nicht.

Was hat diese Mannschaft in der immens wichtigen Schaltzentrale zu bieten, wenn sich Sahin mal verletzen sollte, oder Bender als junger Spieler mal in ein Tief fällt? Ein Sebastian Kehl wird dann vermutlich in der Reha sein ? immer noch oder aber mal wieder.

Ich wünsche unserem ?Capitano? für die Zukunft alles erdenklich Gute ? am liebsten würde ich ihn natürlich in überragender Form auf dem Platz sehen. Aber ein Führungsspieler zeichnet sich eben nicht nur dadurch aus, als erster vor den Kameras zu stehen oder beim Orthomed zu trainieren. Ein Führungsspieler muss auch anerkennen, wann er einer Mannschaft nicht mehr helfen kann und wann warme Worte einfach nicht mehr genug sind.

, 11.10.2010

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