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Interview mit Arnd Zeigler

Im Anschluss an den 11 Freunde-Saisonrückblick 2009/10 im Berliner Adamiralspalast sprach Die Kirsche exklusiv mit Arnd Zeigler.

Arnd, wie fällt Dein Fazit nach dem ?Spiel? aus? Calli kam erst zur 2. Halbzeit, lag es an konditionellen Problemen? Hast Du schon Ideen für den nächsten 11 Freunde ? Saisonrückblick?

Revanche für den BVB-Sieg über Werder?

Revanche für den BVB-Sieg über Werder?

Es war meinem Wissen nach angefragt, ob Frank Rost kommen sollte. Nur der hat, glaube ich, nach dieser Saison gesagt: Ich kann mich da nicht lustig auf die Bühne setzen und nach so einer Saison auch noch einen netten Abend haben. Ich glaube es wäre schon lustig und interessant gewesen, wenn er oder ein anderer Spieler da gewesen wäre. Aber ansonsten finde ich eigentlich, ist es immer sehr spaßig. Gerade in diesem Umfeld vor einem Pokalfinale - weil dann auch immer Fans von beiden Mannschaften da sind und viele neutrale Fans. Ich schätze die Art und Weise wie 11 Freunde diese Atmosphäre schafft und dieses Thema aufbereitet. Weil es ist ja im Prinzip eine Art und Weise mit dem Fußball umzugehen die es vor 10-15 Jahren noch nicht gab. Da gab es den Kicker und sonst nichts. Bei diesem Abend merkt man eigentlich immer so eine Atmosphäre: die Leute haben alle Spaß und ich mag immer sehr diesen Spagat zwischen Fußball einerseits nicht zu ernst zu nehmen, also nicht zu verbissen zu sehen, aber auf der anderen Seite zu berücksichtigen und zu respektieren, dass trotzdem für jeden Fan sein Verein eine Herzensangelegenheit ist und deswegen trotzdem noch sehr bedeutend ist, und ich finde, bei solchen Veranstaltungen wird das klar. Die Leute haben Spaß und man redet auch ernsthaft über wichtige Themen und jedem wird deutlich, dass er mitfiebert. Aber es ist trotzdem in einem angenehmen familiären Rahmen, obwohl es ein großer Saal ist. Eigentlich ist es ganz nett.

Während des Saisonrückblicks merkte Béla Réthy ja an, dass der Fußball heutzutage hochprofessionalisiert sei. Gibt es denn gar keine Fußballromantik mehr? Ist Dein Verhältnis zum Fußball durch Deine Arbeit zur Routine geworden oder gibt es bspw. noch Spielerinterviews vor denen Du nervös bist?

Das schöne ist, ich bin ja auch seit neun Jahren Stadionsprecher bei Werder Bremen und es ist eigentlich bis heute so geblieben , dass es für mich nie Routine wird, sondern dass es immer was besonderes ist im Innenraum eines Stadions zu sein, den Rasen zu riechen und am Spielertunnel zu stehen wenn die Spieler raus kommen. Es ist nicht mehr so, dass ich in Ohnmacht falle, wenn ich einen Spieler mal leibhaftig sehe, aber es ist so, dass ich es total genieße, diese Atmosphäre so nah mitzubekommen und genau zu wissen: Das bekommt man normalerweise nicht. Normalerweise würdest du dir als Fan genau das wünschen, dass du dicht dran bist.

Ich habe so eine Marotte, immer wenn es nicht läuft, stelle ich mich während des Spiels hinter das Tor auf das Bremen spielt, stehe dann direkt hinter dem Gästetorwart. Also das wird für mich nie normal sein, das ist für mich immer was Faszinierendes. Und mein Sohn ist für mich auch ein großes Glück: Der ist neun Jahre alt und mit dem tausche ich jetzt Panini-Bilder. Und dadurch, dass der auch so mitfiebert, gerät man nie in Gefahr, dass man die Bodenhaftung verliert oder dass einem Fußball irgendwann langweilig wird. Mit meinem Sohn kann ich mir alte Videokassetten von der WM ?66 angucken und dann sitzt er mit offenem Mund da und ich kann ihm erklären, was damals passiert ist. Das mag jetzt alles ein bisschen ?spinnert? klingen oder so als wäre Fußball das alles bestimmende, aber es ist wirklich so, dass wir einen total schönen Umgang haben, der ganz viel von Fußball bestimmt wird. Aber eben so, dass es auch ganz viel Spaß macht, sich diese Faszination einfach zu bewahren und eben wirklich nie abzustumpfen, sondern sich auch immer wieder zu veranschaulichen: Was ist eigentlich das tolle am Fußball und was mag ich daran so? Man bekommt das immer wieder neu mit.?

Gibt es bestimmte Rituale vor einem Spiel, die Du zelebrierst ? ähnlich wie Nobby Dickel, der ja bspw. vor jedem Heimspiel an einem ganz bestimmten Stand eine Bratwurst verzehrt?

Wenn Werder zu Hause spielt, sind es eigentlich mehr feste Abläufe die nach "Schema F" ablaufen müssen, damit verlässlich alles so passiert wie es geplant ist. Ich habe eigentlich mehr Rituale bei Auswärtsspielen wo ich Fan bin und zu denen ich nicht mitfahren kann - was durch meinen Sohn oft passiert, weil er selbst spielt und ich mit ihm viel unterwegs bin. Was überhaupt nicht geht, ist ein Auswärtsspiel nicht gucken zu können. Ich muss alle meine Termine so geplant haben, dass ich dann zu Hause sitzen kann. Und ich gucke komischerweise das Spiel lieber alleine. Also ich sitze dann nicht gerne in einer Kneipe, wo ich möglicherweise nicht genau höre, was gerade passiert, sondern Auswärtsspiel heißt für mich: Alleine zu Hause vorm Fernseher zu sitzen und mich vorher schon ein paar Stunden darauf zu freuen und dann das Spiel komplett und konzentriert gucken zu können.?

Wie fällt Dein BVB-Saisonfazit aus und was verbindet dich mit der Borussia?

Ich habe in den letzten Wochen versucht, mich in Borussia Dortmund-Fans hinein zu versetzen, weil ich nach der Niederlage in Dortmund eigentlich keinen Pfifferling mehr darauf gegeben hätte, dass Werder noch 3. werden könnte, da war es für mich eine Sache zwischen Dortmund und Leverkusen. Ich weiß ehrlich gesagt nicht, ob man dann sehr enttäuscht ist, wenn man am Ende 5. wird. Ich finde, dass es ein großartiger Griff gewesen ist, Jürgen Klopp zu holen, nicht allein sportlich, sondern weil man einfach das Gefühl hat, man hat da jemanden, mit dem kann man etwas anfangen, mit dem kann man sich identifizieren und den mag man da auch sehen auf der Trainerbank. Es gibt nichts Schlimmeres, als Fan eines Vereins zu sein bei dem du das Gefühl hast, mit dem Trainer wirst du nicht warm, du verstehst nicht, was der macht und du findest den auch unsympathisch. Also das Problem habt ihr erst mal ein paar Jahre lang nicht. Ich mag an Borussia Dortmund grundsätzlich, das klingt jetzt vielleicht doof, dass man durch dieses Wellental - erst Champions-League-Sieger, dann fast bankrott - das Gefühl hat, das ist jetzt alles wieder auf ein gesundes Maß gekommen. Man hat das Gefühl, dass Borussia Dortmund sich auch mal über einen 5. Platz freut und dass man sich ebenso freut, wenn man nicht irgendwelche Amorosos und Rosickys hat, sondern wenn da einfach einer wie Großkreutz jetzt rumläuft, oder wenn man jüngere Spieler entdeckt, die dann plötzlich toll spielen. Also ich glaube, dass das bei Borussia Dortmund wahrscheinlich so eine Art Selbstreinigung war, dass man ein bisschen von diesem völlig aufgeblasenen ?wir müssen jetzt in der Champions League eine super Rolle spielen? runtergekommen ist, hin zu ?wir müssen uns jetzt auf uns besinnen und innerhalb unserer Möglichkeiten wieder eine tolle Mannschaft zusammenbauen?. Ich glaube, wenn man sich einmal von diesem Anspruch verabschiedet hat, ?wir müssen jedes Jahr in die Champions League?, dass es dann eigentlich sehr befriedigend und ein sehr schönes Gefühl ist. Borussia Dortmund ist da eigentlich auf einem sehr guten Weg.

Ich als Bremer mag an Borussia Dortmund auch, dass da Patrick Owomoyela spielt; dass da eigentlich nur Ex-Spieler von Bremen spielen, die alle beliebt waren. Da ist keiner dabei, der weggejagt worden ist, sondern bei allen ist es so ? bei Valdez und bei Zidan auch ? dass man denen eigentlich hinterher alles Gute gewünscht hat und sich freut, wenn die in Dortmund funktionieren. Auch ansonsten finde ich - anders als beim HSV, wo man das Gefühl hat, da wird personell immer wieder patchworkmäßig gearbeitet ? dass da etwas zusammenwächst. Dortmund hat mit Weidenfeller eine feste Größe, davor haben sie eine junge Abwehr, die noch super entwicklungsfähig ist und noch längst nicht am Ende ihrer Möglichkeiten angelangt ist. Die Mannschaft ist einerseits jung und trotzdem ist sie nicht so überteuert und aufgeblasen wie bei manch anderen Vereinen. Ich finde das sehr respektabel, was in Dortmund passiert.

Wagen wir einen Ausblick auf die kommende Saison. Ohne jetzt alle Transfers zu kennen, die noch folgen können, wie schätzt Du die weitere Entwicklung von Werder und dem BVB ein? Was erwartest Du von der neuen Saison?

?Ich hoffe erst mal, dass wir die Champions League-Qualifikation schaffen. Platz 3 ist ja immer komisch, weil du kannst nicht einplanen, was passiert und kannst nur hoffen, dass du es schaffst. Da sind schon manche Vereine den Bach runter gegangen, weil sie im Prinzip schon Geld verplant hatten was dann doch nicht reinkam ? u.a. ja auch mal Dortmund. Der HSV hat vor zwei Jahren das Problem gehabt, dass wir am letzten Spieltag an denen vorbeigezogen und Zweiter geworden sind und der HSV dann im Prinzip keine Spieler bekommen hat, die er eigentlich schon fest in Aussicht hatte. Also, aus Bremer Sicht hoffe und glaube ich auch, dass wir im Moment gerade eine Mannschaft haben, bei der man so viel gar nicht machen muss. Wo man dann gezielt auf ein, zwei Positionen gucken kann, ob man noch einen guten Stürmer bekommt oder einen Außenverteidiger der ein bisschen was hermacht. Aber Bremen hat eigentlich eine Mannschaft die noch zwei, drei Jahre so zusammenspielen kann.

Bei Dortmund habe ich eigentlich auch das Gefühl, dass wenn man da auf ein, zwei Positionen was macht und daneben berücksichtigt, dass die meisten Spieler noch jung und erst am Anfang ihrer Möglichkeiten sind, dass sich Borussia Dortmund dann definitiv nicht verschlechtern wird. Gut, bei den Bayern ist es auch zu erwarten, dass die sich ebenfalls da oben behaupten werden. Ich denke ehrlich gesagt nicht, dass Sch**** noch mal so eine Saison spielt, den HSV erwarte ich auch nicht ganz oben. insofern vermute ich, dass diese drei Mannschaften ?Bayern, Borussia Dortmund, Werder Bremen und dann vielleicht noch ein, zwei Überraschungsmannschaften ? vielleicht bleibt Stuttgart oben ? an der Spitze stehen werden.?

Themenwechsel: Beschreibe doch mal bitte Dein persönliches, sehr freundschaftliches Verhältnis zu Nobby Dickel und wie es dazu kam...
 
Norbert Dickel gehört zu den Leuten, bei denen ich zuerst dachte: Der ist völlig wahnsinnig, und als ich ihn dann kennen gelernt habe, merkte: Ja, er ist wahnsinnig! Aber das ist das gute an ihm! Den Nürnberger Reporter Günter Koch kenne ich bspw. auch ganz gut, bei dem erging es mir ähnlich. Ich mag ja diese Leute, bei denen man dieses Herzblut merkt. Und ich hab auch Norbert Dickel bei unserem letzten Treffen gesagt, was ich für ein sehr, sehr großes Kompliment halte, dass er einer der ganz wenigen Leute ist, die mal Profi waren, und wo du aber eben nicht das Gefühl hast, die sehen das alles völlig rational und unterkühlt. Bei den meisten Ex-Spielern, wenn du mit denen nach zehn Jahren redest nachdem sie aufgehört haben, hast Du das Gefühl, so richtig Fan ist da keiner mehr, sondern die sehen das alle als abgeschlossenes Kapitel und auch völlig nüchtern. Bei Nobby hast du das Gefühl, der ist wirklich noch ganz da und steht da hinter und er spielt auch keine Rolle, sondern er ist so. Nobby ist zudem immer mein bestes Beispiel, wenn ich mich mal damit auseinandersetze, ob ich nicht eigentlich auch mal Reporter werden wollen würde, wo ich dann immer sage: Nee, weil ich wäre am Mikrofon genau wie Nobby. Ich würde da auch Fan sein, ich würde auch scheiße schreien und ich fände das auch nicht gut, sich das zu verkneifen. Auch wenn er mir mal sehr weh getan hat mit seinen zwei Toren beim Pokalfinale, habe ich mittlerweile meinen Frieden mit ihm gemacht. Er ist jemand, der - was seine Liebe zum Fußball angeht - ganz ähnlich tickt wie ich.

Deine Sendung ?Zeiglers wunderbare Welt des Fußballs? im WDR-Fernsehen gehört ja für viele Fans mittlerweile zum festen Bestandteil des Fußball-Wochenendes. Daher interessiert uns natürlich, wie ihr in die neue Saison gehen werdet?

Wir gehen erstaunlicherweise schon ins vierte Jahr. Da war ich letztens selbst richtig erschrocken als es schon die 100. Sendung gab, weil wir uns alle noch immer sehr gut an die Anfangsphase erinnern können. Ich hoffe sehr, dass es einfach eine spannende Saison wird und die WM uns vielleicht noch Stoff gibt. Das ist auch so ein Ding, dass wir da eigentlich ein Team haben, wo alle mittlerweile befreundet sind und wo man es eigentlich fast mehr als Hobby ansieht, dass man noch nebenbei eine Fernsehsendung macht. Das ist etwas Schönes. Es macht Spaß und davon lebt die Sendung sicherlich auch, dass es eben nicht so ein Ding ist, wo man das Gefühl hat, da machen alle Leute irgendeinen Dienst nach Vorschrift, sondern die haben alle Spaß.

Das Interview führte im Anschluss an den 11 Freunde-Saisonrückblick 2009/10 in Berlin.

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